Existenzanalyse & Logotherapie nach V. E. Frankl

Was ist Logotherapie?

In der Logotherapie geht es um eine sinn- und werte-orientierte Psychotherapie. Die Werte werden dem Einzelnen nicht vorgegeben, sondern der Patient wird in seiner eigenen Sinn- und Wertfindungsarbeit durch das spezifisches logotherapeutisches Instrumentarium unterstützt.

Ihr Begründer, der österreichische Psychiater und Neurologe Prof. Viktor E. Frankl (1905–1997), ging davon aus, dass der Mensch – anders als S. Freud – nicht von unbewussten Trieben gesteuert wird, sondern dass die menschliche Hauptmotivation existentiell auf Sinn ausgerichtet sei. Er postulierte einen elementaren, angeborenen „Willen zum Sinn“. Frankl selbst musste zweieinhalb Jahre lang in vier verschiedenen Konzentrationslagern um das Überleben ringen – körperlich wie auch seelisch. Nach dem Grauen der Lagerjahre folgte die Verzweiflung bei der Heimkehr: in nur drei Wochen erfuhr er zudem vom Tod seiner Frau, seiner Mutter, seines Bruders und vieler Freunde. Diese Erfahrung wurde zum unbeabsichtigten „Schlüsselexperiment“ seiner Logotherapie. Er erfuhr dabei, dass Sinn im Leben nicht nur „lebenswichtig“ ist, nein- vielmehr in dieser extremen Situation sogar „über-lebenswichtig“ war.

Der „leidende Mensch“ ist – nach Frankl – nicht nur von körperlicher und psychischer Krankheit betroffen, sondern er leidet nicht selten auch unter einer „geistigen Not“ (gr. nous = Geist), die sich u.a. in einem Gefühl der tiefen Sinnlosigkeit ausdrückt.

Frankl war überzeugt davon, wo die Sehnsucht nach Sinn nicht erfüllt werden kann, entwickeln sich Probleme, die zu ernsthaften Störungen und Erkrankungen führen können.
Logotherapeutisch nennt er in diesem Zusammenhang folgende Begriffe:

  • Existenzielle Frustration: Der Mensch kann seinen Sinn nicht finden. Dieser Zustand belastet ihn sehr, ist jedoch nicht pathogen.
  • Existenzielles Vakuum: „Im Gegensatz zum Tier sagen dem Menschen keine Instinkte, was er tun muss, und im Gegensatz zum Menschen von gestern sagen dem Menschen von heute keine Traditionen mehr, was er tun soll. Nun, weder wissend, was er muss, noch wissend, was er soll, scheint er oftmals nicht mehr recht zu wissen, was er im Grunde will. So will er im Grunde nur das, was die anderen tun – Konformismus! Oder aber er tut nur das, was die anderen von ihm wollen – Totalitarismus“ (Frankl, Viktor: „Das Leiden am sinnlosen Leben“)

Was ist Existenzanalyse?

Bei der Existenzanalyse geht es um die anthropologische Grundlage in der logotherapeutischen Arbeit. „Der Mensch, als „geistige Person“ hat die Fähigkeit zur „Freiheit und Verantwortung“, ist eine der Kernaussagen der Existenzanalyse. Das Individuum kann in den wechselnden Situationen des Lebens, bei sozialen oder materiellen Umbrüchen, bei Krankheit etc. stets im Rahmen des Möglichen seine Situation so oder so gestalten. Ist die Lebenssituation nicht änderbar, stellt immer noch seine „Einstellung“ zu dieser eigenen Lebenssituation einen Wert dar.

Nach Frankls Auffassung können zwar Körper (z. B. das Nervensystem) sowie die Psyche (Emotion, Kognition) erkranken. Aber die geistige Dimension (gr. nous) steht jenseits jeder Krankheit. Auf dieser Ebene bleibt das Individuum gesund.

„Jeder Mensch trägt alles in sich um ein erfülltes und zufriedenes Leben zu führen. In jedem von uns liegt diese Fähigkeit, wir müssen nur richtig hinschauen.“
Laot-se